Professionelles Videogaming, auch bekannt als eSports, ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte weltweit. Für das Jahr 2016 wird von Umsätzen in Höhe von über 500 Millionen US-Dollar ausgegangen. Darüber hinaus sind eSports ein echter Publikumsmagnet: 2015 sahen sich 226 Millionen Zuschauer eSports-Events an.

Im letzten Jahr veröffentlichte Forbes einen Artikel, in dem die Ähnlichkeiten von eSports und Online Poker behandelt wurden. Die auffälligsten Gemeinsamkeiten: In beiden Sparten gibt es echte Berühmtheiten unter den Spielern, um den Sport rankt sich eine dynamische Wettkultur und erfolgreiche Spieler zeichnen sich oft durch dieselben Eigenschaften aus: Geduld, Risikobereitschaft und die Fähigkeit, sich längere Zeit ganz auf das Spiel zu konzentrieren. Auch Geldgewinne spielen in beiden Disziplinen eine Rolle, wobei beim Online Poker die möglichen Gewinnsummen ungleich höher sind.

Bei so vielen Ähnlichkeiten kann es nicht verwundern, dass es einen regen Austausch zwischen den beiden Spielebranchen gibt. Einige Pokerprofis haben sich bereits bei eSports versucht – mit gemischtem Erfolg. Ebenso haben einige Superstars aus der Welt der eSports in der Annahme, dass ihre dort gewonnenen Fähigkeiten sie auch zu besseren Pokerspielern machen, auch schon an Pokerturnieren teilgenommen.

Kann das funktionieren? Lassen sich Skills aus dem Bereich der eSports wirklich auf das Pokern übertragen – und andersherum?

Poker Vs Esports

FlowEsports richtet den Blick auf die Pokerwelt

Im Dezember 2016 schloss sich 888poker mit FlowEsports zusammen. Das FlowEsports-Team besteht aus den Hearthstone-Profis Daniel „C4mlann“ Märkisch, Tobias „TwoBiers“ Graap, Vetle „Xzirez“ Stubberud und Johannes „JonnyStoneHS“ Steindl. Hearthstone, mit seinen weltweit 40 Millionen Spielern, hat einige Parallelen zu Poker, so setzt man beispielsweise gezielt Karten ein, um die Ressourcen des Gegners zu schwächen. Vor diesem Hintergrund ist es keine Überraschung, dass bis auf Stubberud jeder im Team über eine gewisse Pokererfahrung verfügt.

Der aus Wien stammende Steindl war als Pokerprofi erfolgreich, ehe er zu eSports wechselte. Er studierte Wirtschaftsinformatik am College und arbeitete anschließend in einem Pub, der auch Sportwetten anbot. Zu dieser Zeit entdeckte er das Pokern für sich. Bald darauf stieg er als Vollzeitprofi ins Pokergeschäft ein und gewann zwischen 2006 und 2014 Preisgelder in Höhe von $ 62.854 bei Liveturnieren.

„Nach zehn Jahren als professioneller Pokerspieler habe ich nach einer Abwechslung gesucht”, erläutert Steindl. „Da war es für mich nur ein logischer Schritt, meine Karriere als Hearthstone-Profi weiterzuverfolgen.“

Steindl widmet seine Zeit und Energie neben Hearthstone auch einigen weiteren Spielen wie StarCraft Broodwar, Counter-Strike 1.6, World of Warcraft, Diablo 2+3 und Civilization IV-VI 4.

Märkisch hat einen Zwillingsbruder, lebt in Kassel und unterrichtete an vier verschiedenen Universitäten, ehe er eine Karriere als Profi-Gamer einschlug. Interessanterweise wurde seine berufliche Laufbahn maßgeblich durch Twitch beeinflusst – die Videoplattform, die sowohl eSports als auch die Pokerszene revolutionierte.

„Ich entdeckte die Möglichkeit des Streamings, als ich gerade auf der Suche nach einem Thema für meine Doktorarbeit war”, so Märkisch. „Schon nach kurzer Zeit war klar, dass meine Streams einen Nerv beim Publikum trafen, und ich beschloss, Streaming in großem Stil zu betreiben.“ Durch das Streaming im Allgemeinen und insbesondere von Hearthstone bin ich ein besserer Spieler geworden. Hearthstone habe ich über einen Freund kennengelernt, und ich habe das Spiel von Anfang an gemocht. Und ich war von Anfang ganz gut dabei. Ich habe früher das Sammelkartenspiel „Magic: The Gathering“ gespielt, ich glaube, das hat mir bei Hearthstone geholfen. Ich habe das Spiel über die Jahre perfektioniert und spiele jetzt Turniere auf dem höchsten Niveau.“

Der Höhepunkt seiner 25-jährigen Karriere als Spieler war ein Rang unter den weltweiten Top 10 in Dark Age of Camelot. Bei einem solchen Werdegang war es nur eine Frage der Zeit, bis Märkisch Poker entdeckte. Im November 2016 gewann er seinen ersten und bislang einzigen Geldpreis in Höhe von $ 10.320 als zwanzigster von 851 Teilnehmern im World Series of Poker International Circuit Rozvadov.

Und der letzte im Bunde ist Tobias Graap. Er spielt Poker in seiner Freizeit. Graap ist das jüngste von sieben Geschwistern. Er brach sein Studium ab und spielte früher viel League of Legends und Yu-Gi-Oh!-Online. Graap sah bei Turnieren, wie Mitspieler zwischen Partien Hearthstone spielten und beschloss, ihrem Beispiel zu folgen. Das war vor über zweieinhalb Jahren.

„Ich fing an, an vielen offenen Turniere teilzunehmen“, erzählt Graap, der auch War Rock spielt. „Einmal haben ein Freund und ich unser Spiel auf Twitch gestreamt und es war ein Riesenerfolg. Das war für mich der Startschuss. Ich habe mir selbst einen besseren PC gekauft und mit dem Streaming angefangen.

Welche Qualitäten benötigen erfolgreiche eSports-Streamer?

Beim Pokern gibt es eine Riesenauswahl unterschiedlicher Spiele, No-Limit Hold’em ist nur das erfolgreichste. Die besten Pokerspieler beherrschen jede Variante hervorragend, es gibt jedoch einige, die sich stark auf ein einziges Spiel konzentriert haben. Ähnlich ist es bei eSports!

„Ob man als professioneller eGamer den Durchbruch schafft, hängt stark von dem Spiel ab, dem man sich verschreibt", so Steindl. „Aber ohne viel Engagement, harte Arbeit und Talent kommt man nicht weiter, das ist nicht anders als beim Tennis oder Fußball.“

Märkisch stimmt dem zu: „Es hängt davon ab, welches Spiel man spielt. Bloß weil jemand gut Basketball spielt, heißt nicht, dass er auch ein guter Fußballer ist. Und jemand, der gut League of Legends spielt, ist nicht unbedingt auch ein guter Hearthstone-Spieler. Gutes taktisches und strategisches Verständnis hilft allerdings in allen Spielen. Außerdem ist es wichtig, immer weiter zu lernen und sich mit jedem Spiel zu verbessern.“

Alle drei Profispieler empfehlen außerdem einen gesunden Lifestyle: gesundes Essen, (physischen) Ausgleichssport und hin und wieder eine Spielpause.

„Ich denke, jeder Spieler braucht auch ein paar Hobbies, die ihn zwingen, den Computer ein paar Stunden auszuschalten”, meint Steindl. „Ich spiele zum Beispiel Tischtennis im Verein.”

„Und viel Flüssigkeit ist wichtig. Sonst dehydriert der Körper und das Gehirn kann nicht optimal funktionieren“ fügt Märkisch hinzu. „Ich versuche, vor großen Turnieren immer viel Schlaf zu bekommen. Leider klappt das nur selten! Und gesundes Essen gehört eigentlich auch unbedingt dazu, obwohl ich selbst hier kein gutes Beispiel bin, ich ernähre mich während meiner Streams ausschließlich von Pizza!"

Und wissen Sie was? Die obigen Aussagen zu eSports lassen sich eins zu eins auf Online-Poker übertragen. Die Qualitäten, die laut Graap erfolgreiche eSports-Gamer ausmachen, könnten genauso gut von einigen der erfolgreichsten Online-Pokerspielern weltweit stammen.

„Du musst für dein Spiel brennen“, sagt er. „Du solltest versuchen, jeden Tag besser zu werden, es gibt immer Luft nach oben. Man sollte sich hohe Ziele stecken und sich nicht bei zu vielen Spielen verzetteln. Nimm dir Zeit, dich auf ein Spiel zu konzentrieren. Es ist unerlässlich, einen klaren Kopf zu behalten, manche Spiele bringen dich an den Rand deiner Belastungsfähigkeit. Gib niemals auf und mach immer weiter.“

Wie lässt sich eSports-Erfahrung beim Pokern einsetzen?

Die interessanteste Perspektive aus dem Team von FlowEsports bringt vermutlich Steindl mit, der vom Poker zu eSports fand, nicht andersherum.

„Es gibt einige Qualitäten, die sich gleichermaßen gut beim Pokern wie bei ESports einsetzen lassen”, meint Steindl, der über ein Jahrzehnt gute Erträge bei Cash Games erzielte. „Zu den wichtigsten Eigenschaften zählen für mich die Fähigkeit, auch unter Druck die Nerven zu bewahren und sich zu konzentrieren, die Psyche des Gegners zu durchschauen und endlose Stunden zu investieren. Das einzige, was man bei eSports nicht braucht, ist Bankroll-Management. Davon abgesehen denke ich, dass jeder, der es unter die Topspielern in einer der beiden Disziplinen geschafft hat, das Zeug mitbringt, auch in der anderen ganz oben mitzuspielen.“

Und wie sieht es andersherum aus? Wie gelingt Videogamern ohne große Pokererfahrung der Übergang?

„Poker und Hearthstone haben viele Parallelen”, betont Graap, der bisher nur zum Spaß mit Freunden spielt. „Du kannst mit nur einem Bluff den Spielverlauf ändern. Gute Hearthstone-Spieler können die Hände ihrer Gegner „lesen“ und füttern sie mit irreführenden Informationen. Wenn du zurückliegst, kannst du mehr Risiko eingehen, und du kannst dein Spiel auf deine besten Karten ausrichten. Geduld ist genau so wichtig wie beim Pokern, und man muss den eigenen Spielstil an den Gegner anpassen.“

Märkisch wollte zunächst nicht pokern. Er hatte Bedenken, dass die beste Zeit des Spiels schon vorüber sei. Doch als 888poker als Sponsor seines Teams einstieg und Steindl einlud, am WSOP Circuit Main Event in Rozvadov teilzunehmen, ließ er sich die Chance nicht entgehen und kam so zu seinem ersten Pokerturnier. Er ging davon aus, dass er nicht länger als eine Stunde im Turnier bleiben würde. Doch dank seiner Gaming-Fähigkeiten gelang ihm stattdessen ein Deep Run.

„Für mich war das grundlegende Spielkonzept intuitiv erfassbar“, erklärt er seinen unerwarteten Erfolg. „Ich habe davon profitiert, dass ich meine Gegner an jedem Tisch relativ gut durchschauen konnte. Die Verhaltensweisen und Reaktionen meiner Gegner gaben mir fast immer Aufschluss darüber, wie gut ihre Hand wohl tatsächlich war.“

Und weiter: „Pokern ist ein Spiel wie Schach oder Videospiele. Als kompletter Pokerneuling kann ich bisher nur spekulieren, welche Möglichkeiten das Spiel für Leute mit Erfahrung eröffnet. In Hearthstone musst du deine Gewinnchancen richtig berechnen, um zu gewinnen. Beim Pokern ist es dasselbe. Beim Schachspielen musst du dir die bestmögliche Strategie für die verschiedensten Spielverläufe zurechtlegen. Die innere Einstellung und psychologische Kniffe sind hierbei extrem wichtig. Und Geduld erscheint mir auch beim Pokern eine hilfreiche Eigenschaft.”

Allerdings steckt der Austausch zwischen eSports und Poker derzeit noch in den Kinderschuhen. Sie werden die Erfolge der Profis beider Disziplinen weiterhin über Twitch mitverfolgen können. Was die Jungs vom Team FlowEsports angeht, können Sie sich darauf verlassen, dass 888poker genau beobachten wird, wie gut es ihnen auch zukünftig gelingen wird, ihre Gaming-Fähigkeiten erfolgreich beim Pokern einzusetzen.