Bei einer "Overbet" handelt es sich um einen Einsatz, der hauptsächlich auf dem River eingebracht wird und größer ausfällt als sonst üblich. Meistens ist der Einsatz auch größer als der Pot, wobei es auch ein paar Ausnahmen gibt. Eine Overbet kann eine großartige Möglichkeit sein, um einen Bluff durchzudrücken, wenn der Einsatz auf maximale Value bei einer Value Bet ausgelegt ist. 

Erfolgreiche Overbet: Zwei Beispiele

Unser erstes Beispiel führt uns in ein No-Limit-Spiel mit Blinds von 1/3 Euro. Du hast einen effektiven Stack von 700 Euro, den du nicht zuletzt einem richtigen Hotstreak zu verdanken hast. Dein Gegner ist scharfsinnig und aggressiv, aber du hast ihn in mehreren Pötten geschlagen.

Du hast den Button mit Ah4h. Drei Spieler callen den Big Blind und Du erhöhst auf 15 Euro. Zwei Spieler callen und folgen dir zum Flop. Dieser kommt Qh-8h-2s.  Die anderen beiden Spieler checken und du setzt eine C-Bet von 25 Euro. Du bekommst einen Call und auf dem Turn kommt Ts. Der Gegner setzt 40 Euro und du callst.

Auf dem River fällt Kh, also hast du den Flush und hältst sogar die Nuts.  Der Pot liegt bei 240 Euro und dein Gegner spielt 60 Euro an. Jetzt bringst du eine riesige Overbet und willst den Gegner glauben lassen, dass du den Pot mit einem Bluff klauen willst. Du entscheidest dich für einen Shove und schiebst die restlichen 420 Euro vor dich (Raise um 320). Der Gegner callt, weil er deinen großen Einsatz für einen Bluf gehalten hat. 

Du gewinnst einen Monsterpot. Glückwunsch zu einer erfolgreichen Overbet.

Im zweiten Beispiel gehen wir von einem ähnlichen Szenario aus. Dein Stack: 700 Euro. Blinds von 1/3 Euro. Dieses Mal ist dein Gegner eher der Kategorie "Weak-Tight" zuzurechnen und deinem Empfinden nach spielt er ABC-Poker und meidet größere Risiken. Bis zum River läuft alles identisch wie oben, aber nun verpasst du deinen Flush. Trotzdem gehst du wieder All-In, denn du willst ihn zum Fold zwingen. Er tut dies auch, weil er Angst davor hat, deinen riesigen Einsatz zu callen.

Hier ein paar Tipps, die es bei einer Overbet zu beachten gilt:

1. Was ist der Grund einer Overbet?

Zu oft setzen Spieler ihr Geld nur wegen eines Bauchgefühls. Sie denken nicht darüber nach, was sie mit ihrem Einsatz überhaupt erreichen wollen. Dies geht nicht lange gut. Bevor du deine Bet abfeuerst, musst du überlegen, was überhaupt das Ziel dieser Aktion ist.

  • Willst du deinen Gegner zum folden bringen?
  • Soll er deinen Einsatz callen?
  • Wie wird ein hoher Einsatz dabei helfen?

Eine Overbet ohne Sinn und Zweck ist einfach nur tilting. Eine Overbet mit einem klaren Ziel kann zu einer taktischen Waffe werden.

2. In welchem Rahmen findet die Overbet statt?

Wenn Du hoch anspielst, wird sich auch dein Gegner Gedanken machen, warum du das tust. Die Setzrunden davor sind von enormer Bedeutung, damit du zu einer erfolgreichen Overbet kommst. Pass also gut auf das Setzverhalten im Vorfeld auf. Es wird dir helfen, richtig einzuschätzen, wie deine Overbet vom Gegner bewertet wird.

Ein Beispiel: Du hast einen Einsatz deines Gegners auf einem Board mit zwei verschiedenen Suits gecallt und auf dem River kommt ein Flush auch an. Dein Gegner wird deine Overbet so interpretieren, dass du entweder den Flush getroffen hast, oder dass du ihm weißmachen willst, dass du den Flush getroffen hast.

Wenn du aber auf einem trockenen Board ständig die Action forcierst und sich bis zum River nicht wesentlich viel tut, könnte deine große River-Bet als verzweifelter Versuch gewertet werden, den Pot stehlen zu wollen.  

Deshalb: Wenn du auf dem River hoch ansetzen willst, denke nochmals darüber nach, was in den Setzrunden davor passiert ist. Auf diese Weise kannst du besser einschätzen, wie deine Overbet interpretiert wird.

3. Wie ist dein Image? Nutze es zu deinem Vorteil!

Deine Overbet muss zu deinem Image passen. Dabei geht es nicht um dein Selbstbild, sondern darum, welche Ausstrahlung du auf deinen Gegner hast. Wenn du also zum Beispiel normalerweise tight spielst, aber in den letzten Runden das Image eines risikofreudigen Spielers aufgebaut hast, dann wirst du auch eher als loose angesehen. Es ist in diesem Fall irrelevant, welches Bild du von deinem eigentlichen Spiel hast.

Overbet

Also wäre es ein Fehler, jetzt mit einer Overbet zu bluffen. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man dir nicht glaubt. Ähnlich ist es, wenn du normalerweise ein loose-aggressive Spieler bist, aber in den Runden davor immer wieder unspielbare Starthände bekommen hast. Du bist also gerade ein Spieler, der fast alle Hände foldet. Wahrscheinlich wirst du jetzt von vielen oder gar von allen Gegnern am Tisch als Nit eingestuft.

Jetzt wäre ein hoher Einsatz wahrscheinlich ein Fehler, denn deine Gegner würden sicherlich folden.

4. Welche Moves hast du zuletzt am Tisch gezeigt?

Overbets funktionieren dann besonders gut, wenn du sie spärlich einsetzt. Zum Beispiel hast du vor kurzem eine Overbet abgefeuert, die aber nicht gecallt wurde. Kurz danach setzt du die nächste Overbet. Nun könnten deine Gegner vermuten, dass es eine Masche ist, um mit einem Bluff den Pot zu stehlen.

Ähnlich sieht es aus, wenn du vor kurzem einen Gegner mit einer Value-Overbet vom Tisch genommen hast. Deine Gegner werden vorsichtiger agieren, wenn du es kurz danach erneut versuchst. Du solltest also dazu neigen, Sinn und Zweck deiner Overbet zu variieren, damit du nicht so einfach durschaubar bist. Ein cleverer Gegner wird sonst bei dir ein Muster erkennen, das er ausnutzen kann.

5. Value-Overbets müssen nicht immer erfolgreich sein

Der River wird ausgeteilt. Im Pot sind 100 Euro. Du hast noch 400 Euro vor dir liegen und hast die absoluten Nuts. Du bist dir sicher, dass dein Gegner einen Einsatz von 50 Euro callen würde. Aber du hast aus den gemeinsamen Händen mit ihm auch gelernt, dass er auf eine Bet von 100 Euro eventuell folden könnte.  

Du gehst die Wahrscheinlichkeiten grob im Kopf durch und glaubst, dass er 75 Prozent eine Bet von 100 Euro callen würde. Die Chancen, dass er ein All-In callen würde, bezifferst du auf 50 Prozent. Was solltest du tun? Auch wenn du dir sicher bist, dass du auf jeden Fall 50 Euro zusätzlich gewinnen kannst, solltest du All-In gehen, selbst wenn dies in 50 Prozent der Fälle einen Fold des Gegners nach sich zieht.

Du musst bedenken, welcher Move auf Dauer profitabler ist. Wenn du in 50 Prozent der Fälle zusätzliche 400 Euro gewinnst, entspricht das zusätzlichen 200 Euro pro 400-Euro-Bet. Setzt Du aber nur 100 Euro, sind es nur 75 Euro (und lediglich 50 Euro bei einer 50-Euro-Bet).

Ein All-In ist auf Dauer also profitabler. Selbst, wenn dieser in der Hälfte der Fälle einen Fold nach sich zieht, ist es die bessere Option.

6. Ein kleiner Bluff kann so effektiv wie eine Overbet sein

Falls du über einen Overbet-Bluff nachdenkst, überleg dir genau, was du für ein Ziel verfolgst. Eine Overbet muss nicht unbedingt notwendig sein. Wenn du bei einem 200-Euro-Pot das Gefühl hast, dass dein Gegner auch auf einen 100-Euro-Bluff folden würde, warum sollte man dann eine Overbet bringen? Wenn du aber in einem 100-Euro-Pot involviert bist und der Gegner wahrscheinlich nur auf einen 200-Euro-Shove folden wird, dann macht der All-in-Move durchaus Sinn. 

Overbet

Du musst dir überlegen, welches Risiko dir eine Overbet wert ist. Nächstes Beispiel: Der Pot liegt bei 100 Euro und du hast deine Hand verfehlt. Du schätzt deinen Gegner so ein, dass er mindestens in zwei von drei Händen folden wird, wenn du 50 Euro setzt. In 75 Prozent der Fälle wird er auf eine Bet von 150 Euro folden. Also macht es mehr Sinn, den kleineren Betrag zu wählen.

Im ersten Szenario wirst du in der Hälfte der Fälle 100 Euro gewinnen, wenn dein Gegner foldet. Du wirst 50 Euro verlieren, wenn dein Gegner callt – unter dem Strich bleibt dir ein Plus von 50 Euro.

Im zweiten Szenario wirst du drei Mall 100 Euro gewinnen, wenn dein Bluff funktioniert. Aber du wirst das eine Mal, wenn dein Bluff nicht funktioniert, 150 Euro verlieren. Macht in der Endabrechnung ein Gewinn von 150 Euro bei vier Bluffs, oder 36,50 Euro pro Versuch.

7. Komfortzone verlassen

Viele eigentlich gute Spieler bleiben bei der Setzhöhe am liebsten in ihrer Komfortzone. Sie mögen es nicht, einen großen Teil ihres Stacks für eine einzelne Bet zu riskieren. Diese Scheu führt dazu, dass sie nur selten eine große Bet platzieren, selbst wenn ihre Hand es laut optimaler Spielstrategie eigentlich verlangt.

Sie glauben nicht, dass ihre Bet von 60 Euro in einen Pot von 200 Euro viel Sinn macht, aber sie haben Angst davor, 250 Euro als Bluff abzufeuern. Dir sollte dies nicht passieren.

Wenn du glaubst, dass die Overbet profitabel sein könnte, dann wage dich hin und wieder aus deiner Komfortzone hinaus.